Der digitale Reifegrad nach Fenwick und Gill
Teil 10: Arbeitest du bei einem digitalen Dinosaurier? Oder ist dein Arbeitgeber ein digitaler Master?

Digitale Transformation

von Sven Ruoss
04.02.2016
Digitale Transformation

Einen anderen Ansatz zur Feststellung der digitalen Reife von Unternehmen verfolgen Fenwick und Gill im Forrester Report „The Future Of Business Is Digital“. Zwar verwenden sie ebenfalls eine 2×2-Matrix, jedoch wählen sie andere Achsen aus. Als x-Achse nehmen sie mit digitaler operationeller Exzellenz die interne Unternehmenssicht. Als externe Sicht werden die Kunden mit der y-Achse als digitales Kundenerlebnis ausgewählt.

Matrix zur digitalen Reife von Unternehmen und Organisationen mit den Achsen digitales Kundenerlebnis und digitale operationelle Exzellenz (in Anlehnung an Forrester Research, 2014)

Digitales Kundenerlebnis

Auch im digitalen Zeitalter brauchen Unternehmen für das wirtschaftliche Überleben zufriedene Kunden. Als einziges Differenzierungsmerkmal dient das Kundenerlebnis. Als digitales Kundenerlebnis werden folgende Elemente subsumiert:

  • Digitales ganzheitliches Kundenerlebnis: Digitale Unternehmen analysieren anhand von Customer Journeys die verschiedenen Kontaktpunkte und finden Gelegenheiten, um hilfreiche und angenehme digitale Erlebnisse zu schaffen. Dabei steht die Wertsteigerung für den Kunden im Fokus, d. h. digitale Kundenerlebnisse werden gezielt dort und in der passenden Form eingeführt, wo sie am meisten Kundennutzen stiften.
  • Digitale Produkte und Dienstleistungen als Teil des Ökosystems der Kunden: Digitale Produkte und Dienstleistungen werden als sinnvolle Ergänzung in die physische Produkt- und Dienstleistungswelt eingefügt. Dabei steht wiederum der Kundennutzen im Zentrum.
  • Vertrauenswürdige Maschinen: Digitale Unternehmen vertrauen auf Algorithmen, um die Kunden besser zu verstehen und Entscheidungen zu treffen. „Big Data“ ermöglicht es Unternehmen, das Kundenerlebnis in Echtzeit zu erhöhen.

Digitale operationelle Exzellenz

Neben dem digitalen Kundenerlebnis ist für digitale Unternehmen die digitale operationelle Exzellenz ebenfalls von grosser Bedeutung. Kürzere Markteinführungszeiten, produktivere Mitarbeitende, schlankere Prozesse und ein effektiverer Einsatz der Ressourcen sind wichtige Ziele der operationellen Exzellenz. Fenwick und Gill verstehen unter der digitalen operationellen Exzellenz folgende Unterpunkte:

  • Verbesserung der operationellen Fähigkeiten innerhalb des Ökosystems: Digitale Unternehmen haben unternehmensübergreifend schlanke digitale Prozesse. So werden beispielsweise Lieferanten ins Ökosystem eingebunden oder es wird mit Partnern gearbeitet, um digitale Geschäftsmodelle ausserhalb der eigenen Kernkompetenzen zu realisieren.
  • Schnelle kundenfokussierte InnovationenKunden, Lieferanten und Mitarbeitende werden bei digitalen Unternehmen miteinander zu dynamischen Teams verbunden. Dadurch entstehen besonders kundenfokussierte Innovationen mit einer höheren Überlebenschance, da sie bereits von echten Kunden im Prozess getestet wurden.
  • Digitalisierung für Agilität über Effizienz: Die Marktbedingungen ändern sich immer rascher und die Agilität der Unternehmen wird zum Schlüsselfaktor. Im dynamischen digitalen Ökosystem, in das die komplette Lieferkette vom Rohstoffhändler bis zum Endverbraucher involviert ist, kann auf veränderte Bedingungen schnell und teilweise sogar automatisch reagiert werden.

Auf Basis der oben beschriebenen sechs Themengebiete wurde von Forrester Research ein kleiner Fragebogen zur Beurteilung der digitalen Reife von Unternehmen entwickelt. Anhand von insgesamt zwölf Fragen (zwei Fragen pro Themengebiet) wird evaluiert, zu welcher der in obenstehender Darstellung dargestellten vier Kategorien das Unternehmen gehört.

Digitale Dinosaurier

Digitale Dinosaurier stehen erst am Anfang der digitalen Transformation. Sowohl das digitale Kundenerlebnis als auch die digitale operationelle Exzellenz sind wenig ausgeprägt.

Digitale Arbeiter

Digitale Arbeiter fokussieren sich momentan auf ihre operationelle Exzellenz, die sie bereichsübergreifend wiederholt optimieren. Beim digitalen Kundenerlebnis besteht noch deutliches Optimierungspotenzial.

Digitale Konnektoren

Bei digitalen Konnektoren ist die Fokussierung gerade umgekehrt. Sie optimieren laufend und bereichsübergreifend das digitale Kundenerlebnis. Die digitale operationelle Exzellenz bleibt jedoch noch auf der Strecke.

Digitale Master

Die digitalen Master sind bezüglich der Reife der digitalen Transformation am weitesten fortgeschritten. Sowohl das digitale Kundenerlebnis als auch die digitale operationelle Exzellenz ist stark ausgeprägt bzw. das Unternehmen optimiert konsistent über sämtliche Bereiche und nutzt die laufenden Messungen und Feedbacks zur steten Verbesserung.

Wer wissen möchte, wo die Unternehmen in der Schweiz stehen: www.digital-switzerland.ch oder “Über 50 Prozent der Unternehmen sind digitale Dinosaurier”.

12-teilige Serie zum Thema “Digitale Transformation”

Dieser Artikel ist ein Teil einer 12-teiligen Serie zum Thema “Digitale Transformation. Die weiteren Teile findet man unter folgenden Links.

Über Sven Ruoss (31. Mai 1982): Sein Berufsweg führte Ihn von der Beratungs- in die Medienbranche. Seit vier Jahren arbeitet er im Bereich Business Development bei verschiedenen Medienunternehmen in der Schweiz (Tamedia, watson) und setzt sich für die digitale Transformation in der Medienbranche ein. Nebenamtlich ist Ruoss als Studienleiter des CAS Social Media Management und als Dozent am Center for Digital Business der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich engagiert. Sein Betriebswirtschaftsstudium schloss Ruoss 2008 als M.A. in Marketing, Services and Communication Management an der Universität St. Gallen (HSG) ab. In seiner Freizeit rennt er gerne Marathons. Mindestens einmal pro Jahr macht er eine digitale Diät und besteigt Berge - ohne Smartphone und ohne Internet. www.svenruoss.ch